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Über das Leben François Villon, wissen wir wenig.
Auch die, wenn auch genialen Nachgedichte Zechs, können nichts erhellen, da sie eigentlich nichts mit seinem Leben etwas zu tuen haben.
Am besten erfährt man ihn durch das Lesen seiner Originalgedichte und wenn man um die Zeit weiss, in der er gelebt hat.
Diese Geschichte, einr ältere, habe ich ein wenig ausgebessrt. Den Inhalt. Die grammatikalischen Fehler sind vielleicht leider geblieben.



Der Mond
ist aufgegangen.
Drei Gesellen
sind gehangen,
in seinem
milden Licht.

Der Tod
steht schwarz
und schweiget.
Und der Teufel
geiget,
unterm Hochgericht.




Der letzte Weg.
(Mande)

Die dunklen Schwingen des hereinbrechenden Abends, legten sich über die Dächer der kleinen und schiefen Häuser. Dumpf läuteten die Glocken der Abtei Saint-Geneviève zum Angelus.
Die Schatten wurden länger und durchfluteten die engen Gassen und Straßen. Im Westen warf die Sonne noch einen letzten Schein und versank am Horizont.
Langsam legte sich die Nacht wie ein schwarzes Tuch über Paris. Zwischen eiligen Wolken stachen die ersten Sterne hervor. Es war gegen Ende November und die Kälte war
wie der Vorbote eines langen und harten Winters.
François wäre beinahe über eine Kinderleiche gestolpert, die wie hingeworfen auf dem Wege lag. Er fluchte leise und setzte seinen Weg fort. Lange würde der kleine menschliche
Kadaver hier nicht liegen bleiben. Wenn nicht der ´Kleine Henker´ sie weggeschaffen würde; die Wölfe aus dem nahen Bois de Boulogne wussten, wo sie Nahrung fanden.
Und mit Schrecken vernahm er sein eigenes, grausiges Lachen. Nach einigen Schritten blieb er stehen und lehnte sich gegen eine Hauswand. Die Schmerzen in seiner Brust waren
jetzt wie Stiche eines Dolches. Sein Atem ging schwer und er hatte Angst, ohnmächtig zu werden.
´Nur nicht hier verrecken, wie ein Tier´, hämmerte es in seinem Kopf. Aus einer kleinen Seitengasse tauchte eine Gestalt auf. Groß und dunkel. Als sie auf ihn zukam,
zog François seinen Degen. Die Gestalt blieb stehen, und ein von Narben zerfressenes Gesicht blickte ihn abwägend an. François hielt seinen Blick stand, wohl wissend,
dass er bei einem Angriff chancenlos wäre. Dann drehte sich der andere um und verschwand wieder in der Dunkelheit.
Ein Hustenanfall schüttelte seinen mageren Körper. Und als er ausspuckte, bemerkte er, dass der Schleim rötlich war. Einen Augenblick blieb er noch stehen und setzte dann,
sich gegen den aufkommenden Wind stemmend, seinen Weg fort. Als er in die Rue Saint-Jaques einbog, gewahrte er auf der linken Seite das Kloster Marmontière.
François klopfte gegen die kleine Holztüre, die sich nach einigen Augenblicken knarrend öffnete.
Bruder Thieboult, im Gewand der Franziskaner, blickte ihn prüfend an, bis er François erkannte.
„Ihr seid es. Tretet ein.“
Sie überquerten einen kleinen Innenhof, der durch zwei Pechfackeln schwach erleuchtet wurde und traten ins Gebäude, welches für die Gäste bestimmt war.
Aus dem großen Saal, der links des langen Korridores lag und dessen Fussboden mit Stroh bedeckt war, hörte man die gedämpften Stimmen einiger Pilger,
die hier einen Platz für die Nacht gefunden hatten. Der Flur lag im Dunkeln und nur das spärliche Licht der Kerze, die Bruder Thieboult in der Hand hielt, erhellte schwach den Weg.
„Kommt, es gibt einen Raum, wo ihr alleine sein könnt.“

Es war ein kleines Zimmer, mit einem Bett und einem Tisch, vor dem ein kleiner Schemel stand. Bruder Thieboult zündete eine andere Kerze an dessn schwacher Schein
ein kleines Holzkreuz an der Wand erleuchtete und stellte sie auf den Tisch. Dann wandte er sich zur Türe.
„Ich werde Euch etwas zum Essen bringen. Und falls Ihr mit dem Prior noch sprechen möchtet, er wird Euch aufsuchen.“

François nickte und ging zum Fenster, das zum Klostergarten hinausging. Er nahm die Schweinsblase von dem Loch, welche den Rahmen zudeckte und die Kühle tat ihm gut.
Der Mond war wie eine Laterne, die in den Zweigen hing, und François freute sich über die gepflegten Beete, die vom Fleiß der Mönche zeugten.
´Herr´, ging es durch seinen Gedanken, ´warum hast du mir nicht einen starken Glauben gegeben und ich hätte in der Stille eines Klosters deinen Namen preisen können.
Doch du hast mein Herz mit Unruhe gefüllt.´
Er lächelte traurig und Augustinus kam ihm in den Sinn,
´Bis es Ruhe findet in dir´.
Und als wolle ihn der Teufel versuchen, musste er an Thomas von Aquin denken.
´Gott ist anders´.
Bruder Thieboult betrat wieder den Raum und stellte das Tablett mit dem Essen auf den Tisch.
„Hier. Brot, Käse und Wein. Stärkt Euch. Ihr werdet bestimmt hungrig sein.“
Nachdem er gegessen hatte, legte sich François aufs Bett.

Die Türe öffnete sich und der Prior trat ein. François erhob sich und wollte in die Knie gehen, doch der Prior hinderte ihn daran. Er war ein von Alter und Demut gebeugter Mann.
Seine Stimme war hoch, wie die eines Kindes.
„Ich hoffe, dass es Euch geschmeckt hat und der Wein nicht allzu sauer war.“
Für einen Augenblick zog ein Lächeln über sein Gesicht. Dann wurde es ernst und auch Traurigkeit breitete sich aus.
„Heute ist es Eure letzte Nacht in Paris. Wohin wollt Ihr gehen? Warum habt Ihr nicht ein Gnadengesuch beim Herzog eingereicht? Er war Euch immer gut gesonnen
Denn zehn Jahre Verbannung sind eine lange Zeit“
François setzte sich auf den Schemel und fuhr sich mit der Hand durch das schüttere Haar.
„Ich will nicht mehr. Und kann auch nicht mehr. Es ist wohl auch gut, dass ich Paris verlasse. Ja, wohin? Ich weiß es noch nicht. Irgendwo werde ich einen Platz finden.
Vielleicht gehe ich in den Süden. Und lieber Verbannung als ein Strick am Hochgericht.“
Der Prior reichte ihm einen Brief.
„Hier, Ihr könntet eine Bleibe in einem Kloster finden. Es liegt zwar nicht im Süden, sondern in der Bretagne. Zeigt dem Prior dort mein Schreiben. Er wird Euch Unterschlupf gewähren
Denn der Winter steht vor der Türe.“
Und mit ein wenig Stolz in der Stimme, fügte er hinzu:
„Auch Peter Abelard hat dort für einige Zeit gelebt“
Für einen Augenblick schaute er sinnend François
„Und geht nicht zu den Coquillards“*
François ging vor dem Prior auf die Knie.
„Segnet mich“.
Dieser legte seine Hände auf das Haupt François´s und sprach das Gebet des Franziscus:
„Erleuchte die Finsternis meines Herznes und schenke mir rechten Glauben, gefestigte Liebe und Hoffnung“

Die Kerze war herunter gebrannt. François lag auf dem Bett und starrte gegen die dunkle Zimmerdecke, die wie ein drohender und abweisender Himmel über ihn stand.
Ihm fröstelte trotz des dicken Mantel, den ihm Bruder Thieboult gebracht hatte.
Bilder tauchten auf. Seine Mutter, fromm und beschränkt.
´Mein Sohn, du wandelst auf dem Weg der Sünde´.
Maistre Guillaume de Villon, der ihm die Welt der Bücher gezeigt hatte. Die er geliebt und auch gehasst hatte. Wer war er wirklich gewesen, dieser vornehme und der
Welt abgewandte Stiftsherr? Sein Vater? Und seine ganze Fürsorge, nur eine Pflicht gewesen, welche Scham verdeckte?
Ein neuer Hustenanfall schüttelte wieder seinen Körper und es dauerte eine Weile, bis er wieder zur Ruhe kam. Er wollte sich erheben, doch er war zu schwach dafür.
Sein Atem wurde ruhiger und er schloss wieder die Augen. Ein kleines Lächeln legte sich um seine Mundwinkel.
Margot! Das Freudenmädchen mit dem goldenen Herzen, die ihm mit der Milch ihrer vollen Brüste am Leben gehalten hatte, als seine Mutter zu schwach und ausgelaugt gewesen war.
Und die ihm auch später die Wärme ihres Körpers hatte spüren lassen. Eine Weile blieb er noch in Gedanken bei ihr, bei dieser Mutter Courage.
Ein neuer Stich in der Brust zerriss das Bild. Seine Finger krallten sich in den Mantel und nur mit Mühe konnte er ein Schreien unterdrücken. Zum ersten Male verspürte er Angst.
Doch er wusste nicht wovor.
´Ich will leben!´
Er sagte es herunter, wie ein Gebet.
Langsam verebbte der Schmerz und sein Atem wurde wieder ruhiger. Mit geschlossen Augen blieb er still liegen, wie ein scheues Tier in der Dunkelheit. Der Wein tat seine Wirkung
und ein gnädiger Schlaf nahm sich seiner an.

Als Bruder Thieboult am frühen Morgen ins Zimmer trat, war François verschwunden. Auf dem Tisch lag der Brief des Priors.
ging
François ging durchs Stadttor, ohne sich umzuschauen. Die Kleider schlotterten um seine magere Gestalt und der Degen hing verloren an seiner Seite. Die Wächter lachten, doch er
beachtete sie nicht. Vor ihm erstreckte sich ein gerader Weg, der in die Ewigkeit zu führen schien. Der ferne Horizont rötete sich und ein neuer Morgen grüsste Frankreichs Erde. Strahlend und kalt.
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*Coquillards
Eine zur Zeit Villons über ganz Frankreich verbreitete Verbrecherbande, zu der vieleicht auch François Villon gehört hat.