Besuch bei einem kranken Freund

Hallo Alter! Mann, du siehst echt mies aus. Die vielen Schläuche und die Kanülen in Arm und Hals. Deine Gesichtsfarbe war auch schon mal frischer.
Na, ja, mein Freund, ich komme, um Tschüss zu sagen. Wenn die Ärzte Recht haben, stehst du schon mit gepackten Koffern am Terminal.
Aber betrachte es mal positiv. Du zeigst dieser Welt den Stinkefinger und bist sorgenfrei.
Hast keine Schmerzen mehr, und die Peinlichkeiten mit deiner Prostata sind bald Vergangenheit.
Ich muss ja hier auf dieser buckligen Welt noch ein paar Runden drehen und wer weiß, was noch auf mich zukommt.
Das Leben kann ganz schön gemein sein.
Locker und frei waren wir doch eigentlich nur als Kinder.
Erinnerst du dich noch, wie wir Cowboy und Indianer spielten? Immer hast du gewonnen und hast mich lächelnd abgeknallt.
Scheint so, als wären wir jetzt quitt.
So gesehen, kann das Schicksal auch mal gerecht sein. Natürlich nicht immer, denn wenn ich mir die Sache recht überlege,
bist du derjenige von uns beiden, der den Glücksstern gepachtet hat. Du warst in der Schule schon ein Genie
und bekamst hinterher logischerweise die Top-Jobs, die mir leider versagt blieben. Du hast Kohle zum Tapezieren und die geilste Braut des Universums.
Du Glückspilz.
Ach, übrigens, um Sonja mach dir mal keine Gedanken. Sie und dein Cabrio sind bei mir in besten Händen. Sowie beide auf Touren sind, schnurren sie wie die Kätzchen.
Ciao, Alter. Ich muss nun gehen. Du verstehst – die Kätzchen füttern.