Literaturforum - Kurzgeschichten, Erzählungen, Romane, Gedichte - Bücher und eBooks

Neulich klingelte es an meiner Tür. Zuerst dachte ich es seien Zeugen Jehovas. Es waren ein Mann und eine Frau und sie hatten einen Kinderwagen dabei.
Die Frau leitete sich ein mit den Worten: „Mein Name ist Palhuber. Wir sind gerade auf einem Spaziergang und meine Blase quält ein dringendes Bedürfnis. Dürfte ich wohl für einen Augenblick ihre Toilette benutzen?“
„Aber sicher, kommen Sie doch herein!“ Ich öffnete die Tür weiter und zeigte ihr die Toilette.
Der Mann wartete mit dem Kinderwagen im Flur und fragte mich dann: „Sind Sie Frau Eder?“
Ich bejahte und wunderte mich, dass er meinen Namen kannte, der auf dem Klingelschild meines Hauses schon lange nicht mehr erkennbar war.
„Mein Name ist Steven Mackenzie. Schön haben Sie es hier!“
Auch über den englischen Namen des Mannes, der ein einwandfrei österreichisches Deutsch sprach, wunderte ich mich. Aber wenigstens war der Name der Frau so typisch österreichisch, wie ein Name nur sein kann. Außerdem hatte ich eigentlich angenommen, dass die beiden verheiratet wären und daher den gleichen Namen hätten.
Mackenzie fuhr fort: „Diese Gegend ist wirklich wundervoll. Wir sind gerade über den Kogelberg heruntergekommen.“ Er zeigte mir einen Zettel auf dem stand: „Es geht um ihre Tochter Elisabeth. Es ist sehr wichtig! Bitte spielen Sie die freundliche Gastgeberin und laden uns auf einen Kaffee oder Tee ein!“
Elisabeth, oder Lissi, wie wir sie immer nannten, war die jüngere meiner zwei Töchter. Sie war vor über 36 Jahren plötzlich verschwunden und seitdem hatte ich nie wieder etwas von ihr gehört. Damals war sie 17 Jahre alt. Jetzt, nach all diesen verzweifelten Jahren voller Hoffen und Bangen endlich so was wie ein Lebenszeichen von ihr zu erhalten brachte mich völlig außer Fassung. Aber ich war wach genug, um mir sofort zu vergegenwärtigen, dass diese beiden die Tatsache, dass sie etwas über Elisabeth wussten, aus irgendeinem Grunde verstecken mussten. Sie befürchteten offensichtlich verfolgt oder beobachtet zu werden.
Also befolgte ich, was auf dem Zettel stand: „Ja. Das ist eine sehr schöne Wanderung.“, sagte ich. „Kommen sie doch herein und trinken Sie eine Tasse Kaffee mit mir.“ Ich geleitete sie ins Wohnzimmer.
Ich ging davon aus, dass sie nun, da sie in meinem Haus waren ihre Tarnung aufgeben würden, doch ich wurde sofort eines Besseren belehrt. Die Frau, die sich mit dem Namen Palhuber vorgestellt hatte, hatte bereits ihren Mantel ausgezogen, und stand nun in einer Polizeiuniform vor mir. Sie zog ein Gerät aus dem Korb des Kinderwagens, mit dem sie begann die Wände und Möbel abzuscannen.
Der Mann, der sich Mackenzie nannte, fuhr unterdessen unbeirrt fort: „Morgen haben wir vor an den Sulmsee zu gehen, falls das Wetter mitspielt. Falls es wieder so kühl wird wie heute, wissen wir leider nicht so recht, was wir unternehmen sollen. Können Sie uns vielleicht einen Tipp geben?“, fragte er. Er hielt mir einen Zettel hin, auf dem ich lesen konnte, dass sie zuerst meine Wohnung nach Wanzen und Abhörgeräten untersuchen mussten, ehe wir offen sprechen konnten. Die Frau war unterdessen dabei die Bilder im Wohnzimmer abzuhängen und die Rückseiten zu scannen.
Ich spielte mit – was blieb mir auch anderes übrig: „Ja, selbstverständlich. Sie könnten zum Beispiel nach Großklein fahren. Da gibt es ein Museum über die Hallstadtzeit und auch eine Schauölpresse wo man sehen kann, wie das steirische Kürbiskernöl hergestellt wird. Wenn Sie sich eher für den steirischen Weinbau interessieren könnte ich ansonsten das Weinmuseum in Kitzeck empfehlen.“
Frau Palhuber scannte nun die Regale. Mackenzie hängte unterdessen die Bilder wieder an die Wand.
„Hmm“, sagte er. „Eigentlich sind wir nicht so die Museumsfans.“
„Okay, wie wäre es dann mit einem Beuch in einer Therme?“
Nun war die Couch an der Reihe.
„Klingt gut, können sie uns da eine empfehlen?“
„Die nächstgelegene ist wohl Bad Radkersburg. Aber ich gebe zu, dass ich dort schon lange nicht mehr gewesen bin.“
Jetzt war der Wohnzimmertisch dran.
„Sabine und Peter fahren mit mir immer nach Loipersdorf. Uns gefällt es dort besser, wobei das natürlich Geschmackssache ist. Aber es ist halt auch etwas weiter zu fahren.“
„Haben Sie vielen Dank“, sagte der Mann. „Solche Tipps sind oft sehr hilfreich.“
Nun sagte die Frau: „Alles Klar. Der Raum ist sauber!“
„Danke.“, antwortete Mackenzie und ergänzte: „Ich hätte jetzt auch bald nicht mehr gewusst, was ich noch fragen soll.“ Zu mir gewandt sagte er: „Dürfen wir uns setzen?“
„Natürlich!“
„Wie Sie vorhin gelesen haben, geht es um ihre Tochter Elisabeth. Es ist doch richtig, dass Sie eine Tochter namens Elisabeth haben, von der sie seit vielen Jahren nichts gehört haben?“
Ich nickte betreten: „Ja. Das stimmt leider. Wissen sie etwas von ihr? Lebt sie noch?“, fragte ich hoffnungsvoll.
Mackenzie antwortete: „Leider muss ich ihnen mitteilen, dass Ihre Tochter vor kurzem gestorben ist. Ihr größter Wunsch war es, Sie, ihren Vater und ihre Schwester noch einmal zu sehen. Leider war ihr dies nicht mehr möglich.“
Ich erwiderte: „Mein Mann ist schon vor Jahren gestorben. Er erlitt einen Schlaganfall. Wenn sie mich fragen hat ihn die Sorge um Lissi umgebracht. Vor allem, weil er sich die Schuld an ihrem Verschwinden gab. Die Beiden hatten kurz zuvor nämlich Streit, wissen Sie?“
„Ja, das ist mir bekannt“, antwortete er. „Vielleicht interessiert es sie zu erfahren, wie es Lissi seinerzeit ergangen ist.“
„Sie wissen etwas darüber?“, fragte ich voller Erstaunen. Ich war völlig hin und hergerissen. Endlich konnte ich erfahren, was passiert ist. Endlich würde diese ewige, nagende Ungewissheit vorbei sein. Endlich konnte ich meinen Frieden machen.
„Ja, abgesehen von den genauen Umständen, wie sie damals abgehauen ist, weiß ich so ziemlich alles über sie. Ich kannte sie sehr gut. Wie sie möglicherweise schon wissen, hatte sie sich damals in einen Mann verliebt.“
„Nein, das wusste ich nicht!“, erwiderte ich.
„Aber war dies nicht der Grund für den Streit, zwischen Lissi und ihrem Vater?“, fragte er.
„Ich dachte es ging dabei eher um ihren Umgang ganz allgemein. Um die Tatsache, dass sie sich nachts immer bis in die Puppen in Discos herumtrieb. Von einem bestimmten Mann weiß ich nichts.“
„Na gut!“, fuhr Mackenzie fort. „Also, wie gesagt, hatte sie sich in diesen Mann verliebt. Seine Eltern waren bei einem Flugzeugabsturz gestorben, und als einziger Nachkomme hatte er ihr gesamtes Vermögen geerbt. Das meiste dieses Vermögens lag auf Konten in der Schweiz und auf den Cayman Islands. Er selbst war, obwohl er amerikanischer Staatsbürger war, in der Schweiz auf ein privates Internat gegangen und hatte dort auch studiert.
Nun, wie gesagt, Lissi und Brian – das war sein Name – verliebten sich ineinander. Er überredete sie, mit ihm nach Italien zu kommen, was sie auch tat – und zwar sehr kurz entschlossen. Sie hatte eigentlich vor, sich bei Ihnen zu melden, doch da sie mit ihrem Vater zerstritten war, traute sie sich nicht bei Ihnen anzurufen. Außerdem glaubte sie es ihm auf diese Weise heimzahlen zu können, wenn sie für ein paar Tage wegbliebe. Sie hatte ursprünglich nämlich nicht vor, länger als ein paar Tage weg zu sein. Doch es kam eben anders. Verliebt wie sie war, ließ sie sich auf ein Abenteuer mit Brian ein, und als den Beiden ein kleines, motorisiertes Segelboot angeboten wurde, kauften sie es kurzerhand und beschlossen eine Weltumsegelung zu versuchen. Dazu muss man sagen, dass Brian ein erfahrener Segler war. Die Reise führte sie zunächst nach Griechenland, Kreta, Zypern, dann durch den Suezkanal ins rote Meer und den Golf von Aden. Vor dort nahmen sie Kurs auf Mumbai und segelten dann an der indischen Küste entlang nach Süden, bis zu den Malediven. Von dort nahmen sie Kurs auf die Nikobaren und segelten dann durch die Malakkastraße zwischen Indonesien und Malaysia bis nach Singapur.
In Singapur ging es Lissi sehr schlecht, sodass Brian sie in ein Krankenhaus brachte. Dort stellte man fest, dass sie schwanger war. Man weigerte sich dort einen Schwangerschaftsabbruch durchzuführen, aber man gab ihr ein Mittel gegen die Schmerzen und die Übelkeit.
Die beiden beschlossen weiterzusegeln und kamen dann über die Philippinen und Taiwan bis nach Japan und Südkorea. Als sie im japanischen Meer unterwegs waren, bekam sie dann so starke Schmerzen, dass Brian die nächste Küste ansteuerte und zu diesem Zweck westwärts segelte um nach Südkorea zu gelangen. Offenbar passierte dabei ein folgenschwerer Fehler in der Navigation, denn kaum, dass sie Land in Sicht hatten wurden sie auch schon von einem Kreuzer der Küstenwache aufgebracht. Der Nordkoreanischen Küstenwache!“
„Oh mein Gott“, entfuhr es mir. Ich hatte einiges darüber gehört, wie unerbittlich das Regime in Nordkorea sein konnte.
„Lissi wurde noch an Bord des Küstenwachschiffes behandelt, aber man beschuldigte die beiden der Spionage und brachte sie aufs Nordkoreanische Festland. Dort kamen sie zunächst ins Gefängnis. Auf der Krankenstation des Gefängnisses wurde dann schließlich ich geboren.“
„Sie? Wollen Sie damit sagen, dass Sie Lissis Sohn sind?“
„Ganz genau, Großmutter! Ich bin Dein Enkel.“
Ich stand auf und fiel ihm um den Hals. Mir rannen die Tränen nur so herunter, aber es war mir nicht unangenehm. Lissi hatte mir einen Enkel geschenkt! Ich kann nur schwer beschreiben, welche gewaltige Lawine an Gefühlen in mir in diesem Moment losgetreten worden war. Ich konnte es einfach nicht fassen. Dann hörte ich Geräusche aus dem Kinderwagen. Bis jetzt dachte ich, dass der Kinderwagen nur zur Tarnung diente, doch nun stand Steven auf und hob ein Baby aus dem Wagen.
„Darf ich Dir bei dieser Gelegenheit auch gleich Deine Urenkelin vorstellen?“, fragte er. „Das ist meine Tochter Laura!“
Sie war so süß. Sie war blond, hatte ein europäisches Gesicht und sie war etwa ein dreiviertel Jahr alt. Wieder wurde ich von einem Gefühlsausbruch überrollt. Als ich mich nach einer Weile wieder etwas beruhigt hatte, fragte mein Enkel Steven mich, ob ich auch den Rest der Geschichte hören wolle. Selbstverständlich wollte ich das.
Er fuhr fort zu erzählen: „Nachdem ich geboren worden war, bot man meinen Eltern an, dass sie frei kommen könnten und keine weitere Bestrafung zu befürchten hätten, wenn sie in Nordkorea bleiben und der Regentenfamilie dienen würden. Mangels Alternativen ließen sie sich darauf ein und so wuchs ich in unmittelbarer Nähe der Präsidentenfamilie auf.
Zunächst wurden meine Eltern ausführlich in der koreanischen Sprache unterrichtet, und sobald es möglich war, musste mein Vater deutsch- und englischsprachige Zeitungs- und TV-Berichte über Nordkorea ins Koreanische übersetzen. Meine Mutter wurde indessen Deutsch- und Englischlehrerin für die Kinder der Präsidentenfamilie. Verglichen mit den meisten Arbeitern im Land hatten wir ein sehr gutes Leben.
Ich wurde übrigens Kim-Jong-Chols und Kim-Jong-Uns privater Filmbibliothekar. Beide liebten amerikanische und europäische Actionfilme, und meine Aufgabe war es, ständig für Nachschub zu sorgen und die Filme mit koreanischen Untertiteln zu versehen.
Als Kim-Jong-Il allerdings starb, war das für uns eine schwierige Zeit. Vater wollte die Gelegenheit nutzen um zu fliehen, aber der Fluchtversuch wurde vereitelt, bevor wir ihn überhaupt beginnen konnten. Wenig später wurde Vater sehr krank. Er bekam Darmkrebs und starb innerhalb eines Jahres.
In dieser Zeit, als Vater krank war, lernte ich Tamara kennen. Sie war die erste Nichtkoreanerin, die ich je zu Gesicht bekommen hatte. Sie war damals 22 und stammte aus Wladiwostok. In meinen Augen war sie wunderschön. Sie war ein Jahr zuvor an der Küste festgenommen worden, als sie Nordkoreanern dabei half über die Grenze nach Russland zu fliehen. Ich bewunderte ihren Mut, den sie für ihre Aktionen aufgebracht hatte und wir schöpften Hoffnung es mit ihrer Hilfe vielleicht doch noch zu schaffen aus Nordkorea zu entkommen. Ich konnte Dad Tamara gerade noch vorstellen. Zwei Wochen später starb er dann.
Vor zwei Jahren heiratete ich dann Tamara. Sie wurde schwanger und nachdem Laura geboren worden war, versuchten wir erneut zu fliehen. Wir planten die Flucht sehr genau und beinahe wäre sie auch gelungen. Doch in letzter Sekunde erwischten uns die Grenzpatrouillen noch und als erstes erschossen sie Mom. Sie haben sie von hinten erschossen. Mom hat gar nicht mitbekommen, wie sie erschossen wurde. Sie war auf der Stelle tot. Ich hätte vielleicht verhindern können, dass sie auch Tamara erwischten, doch ich hatte das Baby, und … und …“
Mein Enkelsohn, der bis jetzt alles relativ sachlich und kühl erzählt hatte verfiel in einen Weinkrampf. Ich konnte mir nur schwer vorstellen, wie es für ihn sein musste, diese traumatischen Erlebnisse erzählen zu müssen.
Als er sich wieder etwas gefasst hatte berichtete er weinend: „Tamara hat sich umgedreht und gebückt um nach Mom zu sehen. Sie haben ihr direkt in den Kopf geschossen.“ Er war unfähig weiterzusprechen was ich nach dieser Geschichte nur zu gut verstand.
Ich hatte genug gehört. Ich wusste nun, was mit Lissi passiert war. Es war nicht leicht für mich das zu verkraften. 36 Jahre, zwei Monate und vier Tage lang hatte ich keine Ahnung was mit meiner Tochter passiert sein könnte. 36 Jahre, zwei Monate, vier Tage und etwas mehr als sieben Stunden waren vergangen, seitdem ich Lissi zuletzt gesprochen hatte. Und jetzt sprach ich mit ihrem Sohn. Es war ein großer Trost für mich, dass er existierte, dass er nun hier war und mir alles berichten konnte. Aber dass Lissi tot war, und zwar erst seit relativ kurzer Zeit – das hat mich persönlich ziemlich mitgenommen. Und dennoch war ich froh, dass die Ungewissheit nun endlich ein Ende gefunden hatte.
Steven fasste sich wieder und fuhr fort: „Man hat mich zunächst nach Chassan gebracht und später dann nach Wladiwostok. Dort lernte ich Tamaras Familie kennen, die nach wie vor als Fluchthelfer tätig sind. Mein Gott! Diese Leute nehmen so viel auf sich.“
Nun meldete sich Frau Palhuber wieder zu Wort. Sie hatte die ganze Zeit zugehört und nichts gesagt, doch nun vermeldete sie: „Frau Eder, sie wissen nun, was mit ihrer Tochter geschehen ist. Sie wissen aber auch, dass ihr Enkel von der nordkoreanischen Regierung als Deserteur, Landesverräter oder sogar als Spion betrachtet wird. Offen gesagt sind wir besorgt um seine Sicherheit. Falls ihnen jemals irgendetwas ungewöhnliches Auffallen sollte, oder falls sie häufiger koreanische Personen in ihrer Nähe feststellen, dann geben Sie uns bitte Bescheid.“ Sie reichte mir eine Visitenkarte. Dann verabschiedete sie sich.
Ich rief Sabine, meine ältere Tochter an, und bat sie, mit ihrem Mann so schnell wie möglich zu mir zu kommen. Sie wohnten nur ein paar Straßen weiter, deshalb würde das wohl kein Problem sein.
„Was ist denn los, Mutter?“, fragte Sabine am Telefon. „Du klingst ja ganz aufgelöst.“
„Das bin ich auch. Stell Dir nur vor: Das Rätsel um Lissi ist gelöst. Ihr Sohn ist mit seiner Tochter gerade hier bei mir und hat mir alles im Detail berichtet. Komm schnell. Du musst Deinen Neffen unbedingt kennenlernen.“
„Natürlich Mutter! Wir sind schon unterwegs.“
Sabine und Peter waren dann auch innerhalb weniger Minuten bei mir, und Steven erzählte ihnen die tragische Geschichte meiner Tochter noch einmal. Erst jetzt – beim zweiten Durchgang – konnte ich das Ganze so langsam realisieren.
Wie zu erwarten war interessierte sich Peter mehr für die technischen Details. Zum Beispiel wollte er wissen, wie es Steven nach seiner Flucht nach Russland gelungen war nach Österreich zu kommen und uns hier im hintersten Winkel der Südsteiermark zu finden.
Steven erzählte: „Schon bei der Planung zu unserem ersten Fluchtversuch hatte Dad ein Stück Papier angefertigt, auf dem die Zugangsdaten zu seinen Konten in der Schweiz und auf den Cayman Islands verschlüsselt waren. Nur er und Mom wussten, wie der Inhalt zu entschlüsseln war. Erst als wir dann mit Tamaras Hilfe den erneuten Fluchtversuch planten fiel Mom dieses Schriftstück wieder ein. Sie erläuterte mir, wie es zu entschlüsseln war, und ich schrieb den Inhalt ab. In Wladiwostok konnte ich dann Zugriff auf eines der Konten nehmen und es gelang mir Tausend Dollar Bargeld abzuheben. Es reichte für ein zweite-Klasse-Ticket der Transsibirischen Eisenbahn, mit der ich innerhalb von sechs Tagen nach Moskau gelangen konnte. In Moskau erkundigte ich mich nach der österreichischen Botschaft und dort half man mir dann. Da Elisabeth ja als vermisst galt, konnte man den ganzen Fall relativ schnell nachvollziehen. Es hat ein Weilchen gedauert, bis ich dann endlich nach Österreich kommen konnte, aber in Wien hat man mich dann an Frau Palhuber von der Kripo Graz verwiesen, die mich hier her brachte.“
„Das ist ja eine echt krasse Story“, sagte Peter. „Und Du bist wirklich mit der Transsibirischen Eisenbahn gefahren? Wow! Mit der Transsib zu fahren war schon immer ein Traum von mir.“
„Also ich fand es furchtbar“, antwortete Steven. „Sechs Tage eingesperrt in einer fahrenden Blechbüchse. Das hat mir viel zu lange gedauert. Man sollte zwar meinen, dass ich in Nordkorea Geduld gelernt hätte, aber ihr müsst das verstehen. Endlich war ich entkommen. Endlich war ich frei. Und dann sechs endlos lange Tage im Zug rumsitzen. Das hat mich wirklich fast wahnsinnig gemacht. Und das Ganze auch noch mit einem kleinen Baby. Sie war zwar sehr brav, aber ich wäre trotzdem viel lieber geflogen. Doch das ging nicht, weil ich keinen Pass hatte, denn selbst für einen Inlandsflug braucht man in Russland einen Pass. Also war ich gezwungen den Zug zu nehmen.“
„Ich verstehe!“, sagte Peter. „Die Umstände lagen in Deinem Fall natürlich ganz anders, als wenn man eine solche Reise zum Vergnügen unternimmt. Und Du konntest ja wohl auch kein Wort Russisch, nehme ich an.“
„Doch. Von Tamara hatte ich die russische Sprache gut genug gelernt um mich problemlos verständigen zu können. Sonst wäre die ganze Sache noch schwieriger geworden.“
Steven erklärte noch eine Menge Details und wir plauderten auch über seine Zukunftspläne. Er wollte sich in Österreich niederlassen und sich vor allem um die Erziehung seiner Tochter kümmern. Ich bot ihm an bei mir zu wohnen, doch das lehnte er ab, was ich durchaus nachvollziehen konnte. Für ihn war ich ja eine völlig Fremde. Aber sowohl er als auch ich freuten uns bereits darauf, uns bald besser kennen zu lernen.



Feedback erwünscht!

Guten Morgen, Marc,
wie mein Nick schon ausdrückt, bin ich ein Gast, einundsechzig Jahre alt und kein Schriftsteller, also für Dein gewünschtes Feedback möglicherweise völlig ungeeignet. Du sagst leider nicht, von wem Du eines wünscht. Wenn mein Kommentar fehl am Platz ist, dann soll ein Moderator ihn löschen und ich entschuldige mich für die Initiative.
Mein Kommentar: „Der Text ist für mich eine Inhaltsangabe eines Romans und keine Kurzgeschichte. Sollte der Roman geschrieben werden, hoffe ich, dass der Inhalt spannend erzählt wird, also nicht ‚mit der Tür ins Haus fällt'. Ansonsten könnte ich mir gut vorstellen, dass ‚die Story‘ das Zeug für einen Mehrteiler hat. Also, was hält Dich davon ab?“

Gruß ins Nachbarland.

Danke für Dein Feedback! Ich hab bewusst nicht geschrieben von wem ich mir eins wünsche, weil für mich jede Meinung interessant ist. Das gilt auch für Deine.

Was mich abhält einen kompletten Roman daraus zu machen? Die Zeit! Ich schreibe derzeit an einem Mehrteiler über ein ganz anderes Thema. Daran werde ich sicher noch ein paar Jahre lang rumdoktern, denn selbst für meinen ersten, relativ einfachen, Roman hab ich über fünf Jahre gebraucht, und ganz fertig ist der auch immer noch nicht. Ich schreibe ja nur als Hobby. Nebenbei habe ich auch noch einen Vollzeitberuf und eine Ehefrau, die beide einen Großteil meiner Zeit beanspruchen. Und das ist auch gut so.

Also, vielleicht wird ja in 10 Jahren, oder so, mal noch "was Richtiges" aus dieser Story. Aber bis dahin spuken mir sicher schon wieder ganz andere Ideen im Kopf herum...

Guten Tag, Marc,

zuerst vielen Dank für Deine Antwort, ich verstehe Dich, geht es mir doch ähnlich, keine Zeit, aber viele Ideen!
Das erklärt aber nicht, warum Du das als "Kurzgeschichte" verkaufen willst?
Wünsche Dir ein schönes Wochenende, Gruß

Hallo SchwabeinOesterreich,
komplizierte Geschichte, aber fuer mich interessant. Vielleicht ein bischen uebertrieben, die Vorsichtsmassnahmen der Polizistin. Macht aber nichts. Gerne gelesen.
Gruss/Onivido