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Das Totenmahl

Ein Landstreicher klopfte an die Pforte eines Franziskanerklosters und bat um ein Nachtquartier. Denn es war Abend geworden und dunkle Regenwolken
zogen über ihn dahin.
Der Bruder Pförtner, ein hagerer und grosser Mann, blickte ihn einen Augenblick unter buschigen Augenbrauen prüfend an und bat ihn dann einzutreten.
Über einen kleinen Hof, welcher in Blumenbeete eingeteilt war, führte er ihn zu einem hölzernen Gebäude, in der sich die Küche befand.
Daneben gab es einen Raum, in dem ihn der Mönch führte und ihm einen Platz auf einer langen Bank an einem Tisch zuwies,
an dem bestimmt schon Menschen wie er gesessen hatten und müde und hungrig gewesen waren. Nach einiger Zeit kam der Mönch
mit einem Tablett zurück auf dem ein Teller mit dampfender und wohlriechender Suppe, einem Stück Brot und einer Karaffe mit Wasser
gefüllt sich befanden und wünschte eine gesegnete Mahlzeit.
Unter seinesgleichen sprach man meist von einer frommen Suppe. Doch diese war nicht nur fromm, sondern auch schmack- und nahrhaft.
Eine Kartoffelsuppe mit reichlicher Wursteinlage.

Nach einer gewissen Zeit kam der Mönch zurück, blickte auf seinen leeren Teller und fragte, ob er noch hungrig sei. Er wusste nicht, was er antworten sollte.
Schüchternheit, die auch er manchmal hatte, doch fehl am Platz
war in einem Leben wie dem seinen und noch nicht gestillter Hunger, kämpften miteinander.

Doch der Mönch wartete nicht seine Antwort ab, sondern nahm den Teller, verschwand in der Küche und kam mit einer gleichen Portion zurück.
Das gute Essen, Müdigkeit und die Wärme des Raumes machten die Augen des Landstreichers schwer und er legte sich auf die Bank.
Er schloss die Lider, welche er nur mit Mühe hin und wieder öffnen konnte und versank dann in einen tiefen Schlaf und ihn in eine andere Welt versetzte.

Dunkle Nacht war um ihn herum, die hin und wieder durch einen aus den Wolken auftauchenden Mond, gespenstig erhellt wurde. Und er bemerkte,
dass er sich auf einem Friedhof befand. Ihm fröstelte, denn der Wind war kalt und seine Melodie, welche sich in den Bäumen und Büschen verfangen hatte,
klang schaurig und unheilsvoll. Er wollte davonlaufen, doch eine ihm unerklärliche Macht zwang ihn, an den Grabsteinen vorbeizugehen und die Inschriften lesen,
die trotz der Dunkelheit, geheimnisvoll leuchteten.
Als würde ihm dadurch ein Geheimnis und Offenbarung zutheil.
Ein Rabe sass auf einem Ast und krächzte.
Er las die Namen der Verstorbenen, das Datum ihrer Geburt und den Tag ihres Todes. Neben längst vergangenen Zeiten, tauchten Gräber auf,
in denen erst vor kurzen Jemand zur ewigen Ruhe gebettet worden war.

Doch alle diese Namen und Schicksale sagten ihm nichts, denn er war auf der
Suche nach etwas Bestimmten, ohne zu wissen und sagen zu können, was es war. So ging er weiter in gebückter Haltung und den Kopf geneigt,
um das, was auf den Grabsteinen, stand, zu entziffern. Hin und wieder richtete er sich auf um seinen Rücken zu strecken.
Als er sich erneut bückte, um die nächste Inschrift zu lesen, ertönte die Glocke der kleinen Kapelle und er erblickte,
leuchtend seinen Namen und das Jahr seiner Geburt und seines Todes auf dem Stein. Es war der heutige Tag!
Dann vernahm er des Totenvogels Ruf. Ein Schauer erfasste ihn und er griff
sich ans Herz. Dann sank er entseelt zu Boden.
Als der Klosterbruder erneut den Raum betrat, fand er den Mann tot auf der Bank liegend.
Er faltete dessen Hände und sprach ein Gebet.

baroque mande
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"Ein Besuch auf dem Friedhof kann uns helfen, die Namen all der Personen zu sehen,
die glaubten, unersetzbar zu sein.

(Papst Franziskus)