Literaturforum - Kurzgeschichten, Erzählungen, Romane, Gedichte - Bücher und eBooks

Meine erste Kurzgeschichte. Ich hoffe auf Kritik und Verbesserungen.

Eisig kalter Schneeregen nieselt auf sein verschmutztes Gesicht. So rein die winzigen Tröpfchen vom Himmel fallen, so schwarz sickern sie auf die Bahre die ihn davon trägt. Flügellahm öffnet er seine Augen.
„Wo bin ich?.... Was zum Teufel ist passiert?“
Glitschige Fußstapfen umringen ihn. Schemenhaft erblickt er die Männer um sich. Allesamt sind sie in farblosen Schutzanzügen umhüllt. Anstelle von Gesichtern sieht er nur dunkle Masken mit undurchdringlichen schwarzen Augen. Auf Brusthöhe kann er angestrengt einen Schriftzug erkennen: >Einheit 731<
„Kann mich nicht...bewegen. Sie tragen mich weg....wohin...was ist hier los?!“
Die lodernden Flammen des zerstörten Kleindorfes spenden Wärme, doch der Geruch von verbranntem Holz und Fleisch überfordern seine Sinne und bringen seine Augen zum tränen. In der Ferne zeichnet sich eine graue, von Ruß überzogene Kaserne ab. Unweit von ihm schnauben die Nüstern eines erschöpften Pferdes. Die kalte Morgenluft brennt in seinen Lungen. Sein Bewusstsein schwindet.

Langsam kommt er wieder zu sich. Die geisterhaften Männer sind weg.
„Wo zum Teufel bin ich? WER bin ich? Kann mich an nichts mehr erinnern.“
Verzweifelt versucht er die Umgebung auszumachen, doch sein Körper verweigert ihm den Dienst. Lediglich seine Augen lassen sich frei bewegen. Er liegt noch immer auf den Tragbahren, jedoch mittlerweile von einer dicken Decke umhüllt.
Hinter ihm scheppern die Türen eines Eisentores und mehrere uniformierte Männer bringen ein gefesseltes und sich lethargisch wehrendes Mädchen in die Hofmitte – in sein Blickfeld, wo bereits ein betagter Herr in einem weißen Kittel mitsamt Stoppuhr wartet.
„Bringt den Holzscheit hierher“
Vor den Füßen des Wissenschaftlers war bereits ein Loch gegraben – ein Grab.

„Was haben die vor?!“
Mit regungsloser Miene werfen die Soldaten das bitterlich wimmernde Mädel in die Vertiefung und beginnen Erde auf sie zu schaufeln.
„Mein Gott, sie begraben das arme Kind lebendig?! Wo bin ich hier gelandet?“
Die Schreie der jungen Frau verdumpfen mit jedem Stück Erde das auf sie fällt. Ein flaues Gefühl macht sich in seinem Magen breit. Die Bewusstlosigkeit holt ihn sich wieder zurück.

Angstträume plagen seinen Verstand: Menschen die an Holzpfählen gebunden sind und lebendig verbrennen. Ihre Schmerzensschreie dringen durch Mark und Bein. Gefangen in einer Wand aus Feuer, ändert sich schlagartig die Szenerie.
Auf einem Operationstisch wird ein junger Knabe bei vollem Bewusstsein aufgeschnitten, während ein leidenschaftslos dreinblickender Greis, mit Seziermesser in der Hand, langsam den Blick auf ihn wendet. Auf seiner Brust entdeckt er einen bekannten Schriftzug:
>Einheit 731<
Panisch dreht er sich um und läuft einen finsteren Gang entlang, an dessen Ende eine undurchdringbare Stahltür wartet. Aufgebracht tastet er das mächtige Hindernis ab und entdeckt eine kleines Blickloch. Als er langsam sein Auge an die Luke drückt, fühlt er seinen Herzschlag rasen. Ein verschreckter nackter Mann liegt in embryonaler Stellung in der Ecke des Raumes und wimmert verängstigt in sich hinein. Plötzlich ertönt das Echo eines sich drehendes Ventilrades. Stumpfe angsterfüllte Schreie füllen den abgeschlossenen Raum. Langsam fängt die Haut des Gefangenen an sich aufzublähen bis er schließlich reglos am Boden liegt und eine Mischung aus Blut, Fäkalien und Innereien aus seinen Öffnungen sickern.

„Endlich wach“
Ermattet öffnet er seine Augenglieder. Neben ihm sind mehrere Tragbahren aneinandergereiht, teilweise mit blutverschmierten Tüchern verdeckt.
„Bin ich tot? Das war alles so real....ist das die Hölle?“
Einige Meter entfernt unterhalten sich zwei Männer:
„Diese verdammten Partisanen! Die Bombe hat einige von uns mitgenommen.“
„Zum Glück waren wir nicht im Dienst, sonst hätte es uns genauso ergehen können. Ich frag mich ob die das Ding selbst zusammengebastelt haben. Man darf diese Ratten nicht unterschätzen“

„Ihr verdammten Mistkerle, ich hoffe sie erwischen noch viel mehr von euch Monstern.“

„Shiro hat bereits Verstärkung angefordert. Ich glaube aber nicht dass so etwas nochmal vorkommt. Was der Typhus übrig lässt wird die Pest schon erledigen“
„Da hast du vermutlich recht. Apropos, der General hat vier Holzscheite für das Milzbrand Programm angefordert. Kümmere dich bitte darum“

„Holzscheite?! Die meinen damit doch nicht....?! Genauso wie diese Frau die sie lebendig begraben haben! Bin ich deswegen hier? Blüht mir ein ähnliches Schicksal? Gott bitte lass das nur ein böser Traum sein. Ich will heim. Was ist das nur für ein verdorbenes Volk? Kennen Sie gar kein Mitgefühl?“

In seinen Augenwinkeln sieht er wie ein junger Knabe einen Schubkarren den Gang entlang schiebt. Die Ladefläche ist mit Gliedmaßen gefüllt. Mittig liegend, der Kadaver eines Neugeborenen. Tränen schießen ihm in die Augen.

„Ihr Bastarde. Wenn ich hier raus komme....ich...“

Träge Fußschritte nähern sich seinem Liegeplatz. Hinter seinen Fußsohlen erfassen seine Augen eine schwarze Hose über die ein weißer Kittel ragt. Hastig ziehen ihm ledrige Finger die wollige Decke vom Leib. Als er das Gesicht des Mannes erblickt erfriert das Blut in seinen Adern. Es ist der Greis aus seinem Traum. Bilder der grausamen Vivisektion hallen durch seinen Kopf.

„Oh Gott, nein! Ich will nicht sterben. Ich will hier weg. Warum kann ich mich nicht bewegen?! Ihr Schweine! Verrecken sollt ihr! Ihr seid keine Menschen mehr! Ihr Monster!! Ich hoffe sie werden euch allen....“

Doch als der alte Mann wieder ging, sah er etwas was ihn noch viel mehr erstarren lies. Am Ärmel seiner Jacke konnte er einen Zeichen erkennen:
>Einheit 731<

Guten Morgen, stroggos,

ja..Einheit 731 war ja eine japanische Organisation, welche kaum vorstellbare Verbrechen
während des Zweiten Weltkrieges und schon davor durch medizinische Experimente an
Gefangene und Zivilpersonen in den besetzten Gebieten hat begangen, vergleichbar mit denen,
im Nazideutschland. Und was Dr. Mengele im sogenannten 3. Reich war, war Dr. Ishii Shirō in Japan.
Meine Kritik, nach der du gebeten hast, betrifft weniger deinen literararischen Schreibstil,
der wohl nicht schlecht sein mag, sondern dass du ein solch ernstes Thema als Schauergeschichte
hast vorgestellt. Und mir nicht klar ist, was dein Anliegen damit war.
Zumal es auch klug gewesen wäre, mehr über Einheit 731 zu informieren.

Natürlich ist es möglich, dass ich dein ´ernsteres tiefergehendes Anliegen´ habe übersehen.

Mit Grüssen
baroque-mande

Hallo baroque,

mein Anliegen war es im Grunde mehr auf dieses dunkle Kapitel aufmerksam zu machen und Neugierde zu wecken, da die wenigsten davon wissen. Ich habe leider vergessen den Beitrag mit einem Artikel zu ergänzen.
Vermutlich gehört das auch eher woanders hin, ich wusste nur nicht wo. Dachte mir dass das wohl als realer Horror durchgeht.

viele Grüße und danke fürs Lesen.

Realer Horror ist der schlimmste seiner Sorte, er gehört hierher, natürlich. Dein Stil gefällt mir, Du hast eine gute Schreibe. Mande liegt freilich (auch) richtig mit seiner Frage/Anmerkung. Nur klingt es oft zu wissenschaftlich, wenn man in eine Story (das ist sie nun mal, sie ist keine Aufklärungsarbeit) Hintergründe/Fakten einbaut, der Erzählweise nimmt das eine Portion an Kreativität. Meine ich. Vielleicht solltest Du einfach unter Deinen Text eine sachlich gehaltene Anmerkung setzen, mit der Du verständlich machst, auf welch tatsächlich passierten Schrecken Deine Geschichte basiert, da genügen ein paar kurze Sätze, die aber eben unabhängig von Deiner Erzählung stehen.

Bester Gruß,

Karin