Mein Wagen stand in der Werkstatt. Ich hatte mit der Straßenbahn ins Büro fahren müssen und schickte mich an, damit auch wieder nach Hause zu fahren - jetzt nach Feierabend. Ich betrachtete die Fahrt als willkommene Abwechslung, wenn ich auch keineswegs jeden Morgen und Abend dazu gezwungen sein wollte.
Zwanzig Minuten musste ich auf die nächste Bahn warten. Einige andere Leute standen an der Haltestelle. Ich schaute sie mir in Ruhe an und die Menschen an, die über die Gehwege gingen, mit irgendeinem Ziel. Ich betrachtete die Straßenzüge, den Verkehr, einzelne Häuser.
Dabei fiel mir eine Imbissbude auf, die ich vom Wagen aus noch nie bemerkt hatte. „Ein-mal-Imbiss“ stand über dem Eingang.
Von dem Namen irgendwie angelockt, überlegte ich, dass ich eine Bahn später nehmen und schnell etwas essen könnte.
Kurz und gut, ich ging hinein und bestellte mir ein Schaschlik mit Kartoffelsalat; Pommes frites mag ich nicht besonders. Dazu eine Limonade.
Schon bald stellte ich fest, was es mit dem „Einmal-Imbiss“ auf sich hatte. Hier gab es nämlich nur Wegwerfartikel.
Das Essen bekam ich auf einem Plastiktellerchen gereicht, dazu Plastikbesteck mit einer Papierserviette, wie im Flugzeug zusammen abgepackt in Zellophan. Die Limo gab es in einem Plastikbecher.
Ich nahm die Sachen, zahlte und setzte mich an einen Tisch. Der Stuhl war aus Pappe, der Tisch ebenso. Es lag eine Papiertischdecke darauf.
Während ich aß, wobei ich mir reichlich Zeit ließ, schaute ich mich interessiert in dem Imbiss um. Es handelte sich um einen Einmann-Betrieb.
Der Wirt, oder wie man ihn nennen sollte, ging, wenn er gerade niemanden zu bedienen hatte, an die Tische und räumte das Geschirr weg. Dieses steckte er in einen Beutel, nahm auch die Aschenbecher vom Tisch und warf sie zu dem übrigen Abfall. Den vollen Beutel steckte er in einen Müllschlucker, der neben der Theke aus dem Boden ragte. Er teilte dann neue Aschenbecher aus, wechselte auch schon mal eine Tischdecke.
Die leeren Bier-, Cola- und Limoflaschen wanderten ebenfalls in den Müllschlucker.
Alles fraß der Müllschlucker. Nichts wurde gespült, gesäubert oder gewaschen; der Müllschlucker war ein großes Maul, das alles schluckte, alles schlucken musste. Mich wunderte schon fast, wieso nicht auch die eingenommenen Beträge direkt dort hinein wanderten.
Während ich gemütlich aß, wurde das Imbiss immer leerer, der Besitzer schien schließen zu wollen.
Jedesmal, wenn ein Gast den Raum verließ, ging er hin und räumte den Tisch ab, wie ich es schon kannte. Was mich verblüffte, war, dass er auch Tische und Stühle zusammenklappte und in den Müllschlucker warf.
Mittlerweile war ich der Letzte im Raum, nur mein Tisch und Stuhl standen noch. Der Wirt schaute überlegend in die Kasse, klappte dann auch diese zusammen, so dass sie aussah wie eine gewöhnliche Aktentasche.
Jetzt war ich fertig mit meinem Schaschlik. Ich stand auf und ging wieder hinüber zur Haltestelle.
Der Wirt musste nur noch meinen Tisch abräumen und in den Müllschlucker werfen.
Gerade, als die Bahn sich näherte, verließ der er sein Imbiss. Beim Einsteigen sah ich, wie er mit wenigen geschickten Handgriffen das gesamte Häuschen zusammenlegte.
Von meinem Sitzplatz am Fenster aus konnte ich beobachten, wie er alles zu einem kleinen, handlichen Paket zusammenfaltete und zu einem Müllcontainer trug. Der stand hinter dem Platz, auf dem gerade noch die Imbissbude war. In dem Container lagen bereits mehrere von diesen handlichen Paketen.
Das einzige, was noch übrig war, so stellte ich im Abfahren fest, das war der Rüssel des Müllschluckers.
Auf der Heimfahrt hing ich meinen Gedanken nach. Pappe, Pappe - leben wir im Pappzeitalter? War der Wirt in Wirklichkeit auch aus Pappe? Dann hatte ich es heute mit einem echten Pappkameraden zu tun.
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Diese Geschichte findet sich, leicht verändert, auch in Will Hofmanns Kindle-Buch "Da läuft was aus".
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Um wirklich glücklich zu sein, brauchst du nur etwas, wofür du dich begeistern kannst. Yehudi Menuhin
Nun ja, eine kleine nette und unterhaltsame Geschichte, in der man das Pappzeitalter kennenlernt. Es gab ja so viele Zeitalter. Sogar ein ´Goldenes´ , wo dennoch nicht alles Gold war, das glänzte. So ist wohl, da alles aus Pappe besteht, womöglich auch der Wirt aus diesem edlen Material gefertigt. Und man ihn dann auch getrost Pappkamerad kann nennen.
Ist es okay, wenn ich die aufgreife und die Geschichte damit enden lasse?
Etwa so:
Auf der Heimfahrt hing ich meinen Gedanken nach. Pappe, Pappe - leben wir im Pappzeitalter? War der Wirt in Wirklichkeit auch aus Pappe? Dann hatte ich es heute mit einem echten Pappkameraden zu tun.
Um wirklich glücklich zu sein, brauchst du nur etwas, wofür du dich begeistern kannst. Yehudi Menuhin