Wenn wir einen Menschen kennenlernen, machen wir uns ein Bild von ihm- das entsteht in unserem Kopf. Meistens ordnen wir dem Betreffenden Eigenschaften zu, die er gar nicht oder nur ansatzweise hat. Besonders gilt dies für Vorbilder, Idole oder Promis. Wir projizieren unsere Wünsche auf ihn, d.h. wir sprechen ihm die Eigenschaften zu, die wir gerne hätten oder die wir nicht verwirklichen konnten oder können. Und irgendwann entdecken wir dann, daß wir unserem ruhelosen Geist aufgesessen sind, denn das Idol entspricht keineswegs ganz oder zumindest nur teilweise unseren Projektionen. Dann sind wir tief enttäuscht ...
Meinen Dienst als Elitesoldat hatte ich vor Jahren quittiert und war seitdem selbständig- als Profikiller. Ich war der beste und teuerste. Heute rief wieder ein Kunde an und sagte: "Sie töten diesen Menschen- zwei Millionen biete ich dafür! Allerdings hat der Kerl übernatürliche Fähigkeiten, also seien Sie vorsichtig!" Ich stutzte- war mein Honorar doch sonst eine Million. Und das nur bei den allerschwierigsten Aufträgen, die außer mir niemand anders lösen konnte. "Wer ist die Zielperson"? fragte ich mißtrauisch. "Ein Guru, so eine Art Heiliger irgendeiner östlichen Religion. Der macht die Leute glücklich, wunschlos und schadet somit unserem operativen Geschäft", sagte mein Kunde. Ich wußte, das die so trieben: Zwangs-Prostitution, Waffenhandel, Drogenhandel und Schleuserdienste: Die ganze Palette des organisierten Verbrechens mit hohen Gewinnraten. "Okay, ich machs!" sagte ich lässig. "Gutt, dann schauen Sie vor Ihre Tiere!" Ich ging zur Türe, öffnete sie: Dort stand der obligate Alukoffer, er enthielt die Scheinchen, korrekt abgezählt und gebündelt samt Infos und Bild der Zielperson: Ein gütig lächelnder Japaner um die Vierzig, schlank und sehr sympathisch. Also gut. Für den reichte ein Karateschlag. Tags darauf stand ich dem Mann gegenüber, als er gerade aus seinem billigen Hotel kam und in die enge Gasse einbog. Er trug Jeans, Pullover und sah keinswegs wie ein Guru oder Heiliger aus. Ich trat auf ihn zu und schlug blitzschnell mit der Handkante gegen seinen Hals- der Schlag war absolut lautlos und tödlich- zumindest bisher. Der Mann stand wie ein Fels und strahlte mich noch an- dann knallte meine Handkante gegen irgendetwas, sie stand einige Millimeter vor seinem Hals in der Luft. Meine abgehärtete Handkante tat höllisch weh, die ganze Hand war wie explodiert vor Schmerz. Der Typ lächelte mich an und sagte gütig:"Sie sollten sich um Ihr Karma kümmern und nicht versuchen, anderen zu schaden. Ich hoffe, Sie haben sich nicht allzu weh getan." Dann verbeugte er sich leicht, lächelte und ging ruhig weiter. Ich stand da wie ein Trottel und war geschockt.
Tags darauf lag ich mit meinem Gewehr auf der Lauer, als der Japaner wieder aus seinem Hotel kam. Ich hatte mir ein Hochhausdach ausgesucht, trug meinen Plastikanzug, um alle Spuren zu vermeiden und hatte den Kerl prächtig im Visier. Der rote Punkt stand genau zwischen den Augen, ich zog den Abzug: Die Kugel stand genau auf dem Punkt zwischen den Augen des Mannes, zitterte sekundenlang und- fiel zu Boden. Der Typ lächelte wieder gütig, sah genau in meine Richtung und ging locker weiter. Ich packte zusammen, zitterte und glaubte plötzlich an Wunder- und übernatürliche Fähigkeiten.
Am nächsten Tag hatte der Japaner einen Auftritt im Stadion, wo er vor seinen Anhängern einen Vortrag halten wollte. Der Kerl war so unvorsichtig und bescheiden und ging die letzten Meter zu Fuß. Ich saß in meinem Rover und gab Gas, ich raste mit Vollgas auf ihn zu. Einige Anhänger sahen das Ganze und sprangen zur Seite, nur der Guru nicht. Der drehte sich um, lächelte gütig und schon knallte ich mit meinem Hummer Riesen-Rover auf ihn. Es gab einen Aufprall, als wäre ich gegen eine Mauer geknallt, der Airbag ging auf, mein Gurt zog an. Mein Auto war nur noch Schrott, ich sprang heraus. der Kerl stand da und grinste fröhlich vor sich hin, die Anhänger staunten und warfen sich zu Boden vor Ehrfurcht. Ich stand da und stotterte nur noch:" So sorry, habe Sie zu spät gesehen!" "Macht nix, ich hoffe, Ihnen ist nix passiert?!" fragte der Guru freundlich. "Nein, glaube nicht" lallte ich entnervt. Nun brauchte ich zwei Tage, um wieder der Alte zu sein. Jetzt musste eine Entscheidung her. Ich passte den Scheißkerl ab, als er zu seinem Hotel ging. "Hey"! rief ich. Der Japaner drehte sich blitzschnell um, ich warf ihm eine Handgranate zu: Der Typ fing elegant das Ding auf und hielt es in der Hand etwas hoch, daß ich es genau sehen konnte- gleich würde es knallen, ich sprang hinter die Hausecke. Wartete- nichts. Nichts? Vorsichtig lugte ich um die Ecke, da machte die Granate "pffffff" und sprühte lustige Funken wie an Sylvester. Der Mann lächelte glücklich und winkte mir zu. Ich ging wie in Trance auf ihn zu, kniete mich vor ihn hin und sagte inbrünstig:"Nehmen Sie mich als Schüler auf, ich mache alles, was Sie sagen." Der Guru schaute mich erfreut an und sagte leise:"So sei es."
Ich meditierte nun täglich, bis mir der Hintern wehtat, arbeitete unermüdlich für den Guru, hatte den Großteil meines Vermögens für Arme gespendet und langsam wurde ich ein normaler Mensch. Ich kam zur Ruhe und wusste, daß die geglückten Aufträge schwer auf mir lasteten. Das sah nach einigen schlechten Wiedergeburten als Wurm aus, shit. Aber meine Zeit hier wollte ich dennoch jetzt sinnvoll nutzen.
Nach zwanzig Jahren bei meinem Guru starb dieser plötzlich- er hatte sich an einem Reiscracker verschluckt und erstickte an einigen Reiskörnchen. Aber mir hatte er die richtige Richtung verpasst, dafür bin ich ihm immer dankbar. Und er hatte tatsächlich keine übernatürlichen Fähigkeiten- oder doch???
Hi Graf Ich mag ja solche Geschichten. Etwas Mystik und ein gerüttelt Maß an Brutalität. Das mit dem Japaner finde ich irgendwie schön. Wir hatten damals in jüngsten Jahren ein Hörspiel gemacht mit Namen 'Der Japaner und die Nackten' und dabei das gesamte Klischee der damaligen Dr. Fu Man Chu und Edgar Wallace Filme abgekupfert. Wir hatten auf jeden Fall einen Mordsspaß.
Hm... ich hoffe ja, dass ich mit meiner Figur der brutalen Killerbiene Swetlana hier nicht irgendwie einen Richtungstrend schaffe ;-). Ich glaube aber, die Auswirkung des Handkantenschlags an die Halsschlagader wird etwas überschätzt. Wirksam ist es aber allemal und ein schönes Element mit hoher Symbolik in solchen Geschichten.
Ja, weiter so. Ich bin gespannt, was Dir noch so alles einfällt. Schön zu lesen.
Zitat: Ich glaube aber, die Auswirkung des Handkantenschlags an die Halsschlagader wird etwas überschätzt.
Da liegst Du voll daneben. Ich weiß, wovon ich rede, weil ich da Erfahrung habe. Dieser Schlag gegen die Schlagader hat schon eine schlimme Wirkung, gegen den Kehlkopf ist er absolut tödlich, denn er zertrümmert diesen. Das bedeutet den Erstickungstod. Vorausgesetzt, ein versierter Kämpfer führt den Schlag aus.
Meine weiteren Geschichten findest Du ja hier, zum Abwinken genug. In dieser Rubrik und bei den Glossen. Düstergruß, Robby
Wo stecken die vielen Rechtschreibfehler? Als Germanistin interessiert mich hier die Definition von viel. Ansonsten ist Dein statement belanglos. Ich mag keine Bananen.
zu, wenn ich einen Zwang in mir spüren würde, Ihren Kommentar zu bewerten. Aber da Sie so frei waren, ...
Liebe Frau Kared,
es ist völlig ausreichend, wenn jeder seine Meinung sagt. Wo ist das Problem, wenn andere Leser anders denken und fühlen?
Es grüßt ein Gast!
PS: Ich rauche nicht und eine Banane bin ich auch nicht. Umgangssprachlich fährt man "viel" auf dem Wagen, in diesem Fall spreche ich von einer Zahl >10. Vielleicht sollten Sie beim Lesen nicht rauchen, der Qualm verdeckt die Sicht!
Rechtschreibfehler lassen sich verGRAFten - Programme, Lektoren....können diese ausbügeln. Wogegen allerdings kein Kraut gewachsen ist:
ZitatWenn wir einen Menschen kennenlernen, machen wir uns ein Bild von ihm- das entsteht in unserem Kopf. Meistensordnen wir dem Betreffenden Eigenschaften zu, die er gar nicht oder nur ansatzweise hat. Besonders gilt dies für Vorbilder, Idole oder Promis
"das entsteht in unserem Kopf" ist überflüssig - wo sonst sollte es entstehen?!?
"Meistens" und "dem Betreffenden" streichen Wir "schreiben" der Person Eigenschaften zu, denn "ordnen" (Ordnung) steht im Widerspruch zur inhaltlichen Aussage.
"Kennenlernen" mag auf die Vorbilder zutreffen... jedoch nicht auf die Idole und Promis - ihnen "begegnen" wir "nur" in Magazinen, im TV....oder vor der Bühne.
Du schreibst:
Zitatordnen wir dem Betreffenden Eigenschaften zu, die er gar nicht oder nur ansatzweise hat
Das steht im Widerspruch zum Kennenlernen. Zwar weiß ich was Du meinst, geschrieben hast Du allerdings etwas anderes.
Sollte sich eine attestierte Eigenschaft als falsch herausstellen, dann gehört diese Erkenntnis immer noch zum Prozess des Kennenlernens. Das Kennenlernen endet erst mit dem Tod. Darum "Begegnung" - alternativ: " In der ersten Phase des/unseres Kennenlernens.
Davon mal abgesehen noch ein anderer, eher philosophischer Aspekt: Zeigt sich das Gegenüber sehr schüchtern...um sich dann später als Vamp zu outen, dann hast Du ihm mit der Schüchternheit keine falsche Eigenschaft zugeschrieben....sondern einfach nur eine weitere Eigenschaft (gut lügen und schauspielern zu können) kennengelernt.
Gruß, A.D.
Der Abschied entziffert die Handschrift einer Begegnung
ZitatMeinen Dienst als Elitesoldat hatte ich vor Jahren quittiert und war seitdem selbständig- als Profikiller. Ich war der beste und teuerste.Heute rief wieder ein Kunde an und sagte: "Sie töten diesen Menschen- zwei Millionen biete ich dafür! Allerdings hat der Kerl übernatürliche Fähigkeiten, also seien Sie vorsichtig!" Ich stutzte- war mein Honorar doch sonst eine Million.
1.Frage: Was unterscheidet den guten Profikiller vom besten? Und wie kann er glauben der teuerste zu sein? - sind die Tarife einsehbar? 2.Logik: Der "Profikiller" wird ganz gewiss nicht telefonisch einen Auftrag entgegen nehmen - das würde ihn als Amateur ausweisen. Selbst der Hobby-Taliban weiß, dass es dafür geeignetere Kommunikationsmittel gibt.
Zitatstand der obligate Alukoffer, er enthielt die Scheinchen, korrekt abgezählt und gebündelt samt Infos und Bild der Zielperson: Ein gütig lächelnder Japaner um die Vierzig, schlank und sehr sympathisch. Also gut. Für den reichte ein Karateschlag.
Der Alukoffer ist nicht obligatorisch und es dauert mindestens eine halbe Stunde bis du 2 Millionen gezählt (auf Vollständigkeit überprüft) hast, egal ob in Dollar oder Euro - Noten.
Infos "zur" oder "über die" Zielperson - Infos "der" Zielperson wären Informationen...die du von dieser erhältst.
Wie lächelt man gütig? Zwar spricht man umgangssprachlich hin und wieder mal von einem gütigen Lächeln, doch leitet man dieses von Gesten ab.
ZitatTags darauf stand ich dem Mann gegenüber, als er gerade aus seinem billigen Hotel kam und in die enge Gasse einbog.
hat er sich vorher an der Rezeption nach den Preisen erkundigt?!? "billig" ergibt kein Bild - schreibe "schäbig" oder beschreibe den Zustand...falls du Adjektive nicht magst.
ZitatEr trug Jeans, Pullover und sah keinswegs wie ein Guru oder Heiliger aus. Ich trat auf ihn zu und schlug blitzschnell mit der Handkante gegen seinen Hals- der Schlag war absolut lautlos und tödlich- zumindest bisher
Klingt ganz und gar nicht nach dem besten Profi. Und wie trat er auf ihn zu? von vorne, hinten, der Seite...?
Der Abschied entziffert die Handschrift einer Begegnung
Mensch, Graf, bin ich froh! Du lebst noch? Bist nicht von der Klippe gesprungen oder hast Dich nicht vor den Zug geworfen, hast auch keine Knarre beim Waffenhändler Deines Vertrauens gekauft? Bist tatsächlich einer von den Dinosauriern, die ein "Nichtlob" wegstecken wie andere ihr Taschentuch nach einem Nießer? Das ich das noch erleben darf! Respekt! Menschlich gesehen ist Dein Name Programm. Ein Graf halt. Wünsche Dir einen schönen Rest der Woche und weiterhin viel Spaß mit dem Schreiben und den Lesern. Grüße herzlich, ein Gast.
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18.11.2015 20:59 (zuletzt bearbeitet: 21.11.2015 19:21)
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