Ben Conan war unausgeschlafen und immer noch besoffen. Für einen Moment dachte er, er sei hinüber und habe sich kurz vor seinem letzten Atemzug noch einmal selbst ausgekotzt, aber sein Schwanz stand senkrecht. Ein gutes Zeichen. Er lebte. Vielleicht sollte er es sich gemütlich machen, noch etwas trinken, eine rauchen, Cocker hören, seinen Schwanz beschäftigen. Aber es klingelte.
Conan sah auf das Zifferblatt seiner Automatik. Es war kurz vor neun. In knapp drei Stunden war er mit John Mody, Marty und diesem debilen Fettklumpen verabredet, dessen Namen er sich nicht merken konnte. Einer, der einem erst ordentlich die Fresse poliert und dann die Hose aufknöpft. Conan stellte sich gern vor, den Klumpen hübsch langsam durch einen Fleischwolf zu drehen, aber der Kerl war riesig und hatte Oberarme wie die Schenkel seiner Mutter. Die waren nicht mehr. Big fat dead Mom Mary. Conan schüttelte sich, bekreuzigte sich rasch und fragte sich zum wievielten Mal, warum er sich mit diesen Typen überhaupt traf. Die waren schwerstes Kaliber, mit denen konnte er saufen und knobeln und Weiber klar machen, aber ansonsten hielt er sich Augen und Ohren zu. Gesünder, nicht zu viel zu wissen.
Exakt zwölf Stunden vor Ben Conans unguter Entscheidung, die Türklingel nicht länger ignorieren zu können, entdeckten George Fishman und sein Schnauzer Freddy in der Nähe der städtischen Abfalldeponie neben einem monströsen Brennesselbusch einen undefinierbaren Haufen, der sich als das herausstellte, was George vermutet hatte, aber nicht unbedingt hatte glauben wollen. Für einen einzigen Menschen, nur flüchtig zugedeckt mit einer Plastikplane, war der Haufen deutlich zu hoch. Wie sich nach Eintreffen der Polizei dann auch bestätigte, waren es zwei Leichen, beide noch einigermaßen frisch, beide nicht mehr an einem Stück. Kein Anblick, den ein schlechter Whisky weg spülen kann. Laureen Wilms und ihr Bruder Harold verlangten nach gutem Hochprozentigem. Den sich George Fishmann später auch gönnte. Und den sich auch der freundliche alte Harry, der kurz vor der Pensionierung stand, vermutlich gern gegönnt hätte, wenn er eben nicht so freundlich zu George gewesen wäre.
Freddy hatte längst schon das Interesse an seinem Fund verloren, er mochte auch keine Uniformen und sichtete ein paar Mäuse, das war’s für ihn. Für George nicht. Er rauchte nicht mehr, aber diese Ausnahme schien ihm Rechtfertigung genug für eine kleine Sünde zu sein. Er bat einen der Polizisten, Harry war‘s, um eine Zigarette. Der nickte, fingerte die Schachtel aus seiner Brusttasche, hielt sie George hin und ließ gleichzeitig sein Feuerzeug aufschnappen. Dabei ertönte eine Melodie. Ein altes Kinderlied. Me and you and bubblebear, bubblewho, bubbletwo...
Harry lächelte etwas verlegen. „Paßt jetzt nicht so. Aber man kann’s nicht abstellen, geht automatisch an.“ George zuckte mit den Schultern und grinste schief. „Was soll’s? Ich nehm’s als Trauermarsch.“
Nur zwei Stunden später saß Harry leblos mit heruntergelassener Hose breitbeinig auf der Toilette im vierten Polizeirevier und lehnte mit seinem Kopf an den Kacheln hinter der Spülung, die alt und rissig waren und längst schon hätten ausgetauscht werden müssen. Es war ein trauriger und häßlicher Ort, um zu sterben. Harry hatte ihn sich nicht ausgesucht. Und für den lächerlichen Anblick, den er als Leiche bot mit dem nackten Hintern auf der Toilettenbrille, hätte er sich geschämt. Seine Hoden fehlten, die Brust war zerfetzt, als hätte jemand die Innereien durchwühlt, die Kehle durchtrennt, aber nicht mit einem ordentlichen Schnitt. „Das sind Bisse.“ Sagte der junge Kollege, der ihn gefunden hatte, als würde auch nur einer das anzweifeln. „Stimmt doch?“ Er warf noch einen tapferen Blick auf den armen Harry. Dann kotzte er und weinte.
Die Klette an Conans Tür, - Conan tippte auf sehr unangenehm -, war beharrlich. Es klingelte zum vierten zum fünften Mal. Conan zog an seiner Filterlosen und versuchte vergeblich, weg zu hören. Er fluchte und schlug mit der Faust gegen den Bettpfosten, aber das machte keinen Spaß, weil nur totes Zeug um ihn herum war, das keine Angst vor ihm hatte. Genau genommen hatte so recht niemand Schiss vor ihm, er war ein schäbiger Kleinganove, der sich in die Hose pinkelte, wenn er mit den Jungs abhing, die von ihren großen Nummern quatschten. Zu groß für Ben. Seine guten Zeiten waren nie gewesen, er hielt sich mit seinem Taschengeld fürs Schmierestehen und den paar Kröten zusammen, die er als Gigolo für Arme verdiente. Ben war ein guaussehender Kerl, die täglichen Situps und die neuen Zähne zahlten sich aus, aber an die richtig tollen Weiber kam er nicht ran. Die waren mit fetten reichen Ärschen verheiratet und suchten sich ihr Spielzeug auf Golfplätzen und in Hotelbars, da ging er nicht hin, da wollte ihn auch niemand sehen in seinen billigen Klamotten, auf teuer getrimmt, aber das zog nur bei den gewöhnlichen Tussis, die konnte er beeindrucken. Die dicken häßlichen alten, die schon naß waren, bevor er sie in irgendeiner schmierigen Baggerkneipe anvisierte, die waren seine Liga. Mit denen konnte man saufen, und fürs Ficken waren die dankbar, da ließen die gern mal was springen für ihn.
Shitscheisskackleben, dachte er und hielt sich den dröhnenden Schädel, während er sich aus seinem Bett hievte und zur Tür taumelte. Konnte nur John sein, der wollte sein dämliches Feuerzeug zurück, schaffte es wohl nicht noch ein paar Stunden ohne. Flachwichser, hatte es heute vormittag bei ihm liegen lassen, der hing an dem dämlichen Ding, angeblich ein Geschenk von seiner Stammschlampe. Rührend. Er musste würgen. Drecksfusel, das verdammte Gesöff kam ihm immer wieder hoch, er sollte endlich die Finger davon lassen.
Das Feuerzeug lag auf der Garderobe neben dem Telefon. Er warf einen flüchtigen Blick drauf und musste grinsen. Es war ein auffällig kitschiges quadratisches Ding mit einem Engel auf der Vorderseite, und wenn man auf den silbernen Knopf am linken Flügel drückte, um Feuer zu kriegen, spielte es eine Melodie. Me and you and bubblebear, bubblewho, bubbletwo...
Verfickter Kinderkram, dachte Ben und hätte nicht übel Lust gehabt, das Miststück aus dem Fenster zu schmeissen. Sollte der Saftsack es doch zwischen Pennies Petunien suchen, die sich vor den Mülltonnen breit machten, als würde es nirgendwo einen besseren Platz für sie geben. Penny Miller. Seine Nachbarin. Eine Nervensäge. Vielleicht stand die vor der Tür und wollte ihm den Kopf zu ballern mit irgendeinem Mist. Oder sie brachte ihm Kuchen. Das tat sie manchmal, sogar um Mitternacht, sie konnte wirklich prima backen. Mitternachtskuchen. Klar, mehr nicht. Er schnalzte mit der Zunge. Sie war ihm zu häßlich und roch nach billiger Schmierseife.
Conan steckte sich das T-Shirt in den Bund seiner Trainingshose, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und bleckte die Zähne vor dem Garderobenspiegel. Sein Mund war völlig ausgetrocknet, er brauchte Wasser. Besser Bier. Egal jetzt. Er öffnete die Tür. Es war tatsächlich John. Er sah aus, als hätte ihm der Leibhaftige persönlich in die Eier getreten. Da stand nicht Big Boss John Mody, da stand ein kleiner Junge mit großen verheulten Augen und Sabber am Kinn, der sich hoffnungslos verlaufen hatte und nach seiner Mama schrie.
„Mach die verdammte Tür zu, Bob.“ Conan reagierte mechanisch, sah Mody nur verblüfft an, ließ es zu, dass der sich mit einem erstickten Schrei an seine Brust warf und die Arme um seinen Nacken schlang. Wie untypisch für John, dachte er nur, dachte dann weiter und fürchtete sich. Diese Furcht war von der übelsten Sorte. „Jemand hat Marty und Armstrong erwischt. Sie sind tot, Mann, sie sind tot. Marty und Armstrong, Bob, du hast ja keine Ahnung.“ Er wimmerte. Conan löste sich behutsam aus der Umklammerung und hob mit seinem Daumen Johns Kinn an wie ein sorgenvoller Vater, der seinem Sohn in die Augen sehen will. Big Boss John war einen halben Kopf kürzer als Conan. Jetzt wirkte er noch kleiner, er stand gekrümmt und schwankte hin und her wie einer dieser albernen Wackeldackel. Bob bemühte sich, ruhig zu bleiben. „Was denn? Wovon keine Ahnung? John, verflucht, wieso denn?“ John schniefte. „Abgeschlachtet. Bob, die haben Marty und Armstrong einfach abgeschlachtet. Ihre Augen, ihre Schwänze, Gott, die Augen, die Säcke, das war... Bob, ich war bei Armstrong in der Wohnung. War nicht zugesperrt. Einfach so. Ich dachte noch, ist das fette Arschgesicht völlig bescheuert, läßt alles offen, reinspaziert und weg wäre die Kohle gewesen, die ganze schöne Million. Dachte noch, gut, dass ich die Kohle hab. Und dann liegen die beiden da, liegen da und sind tot. Tot, Bob, geschlachtet. Die Haut, Bob, Bob, wie abgerissen. Abgebissen. Gebissen, Bob. Ich...“ Er schlug die Hände vors Gesicht. Für Sekunden dachte Bob, jetzt muss der Kerl wirklich weinen. Richtig und echt weinen. Für Sekunden tat er ihm leid. Aber John richtete sich abrupt auf, blickte sich hektisch um, ordnete flüchtig seine Jacke, nickte Bob zu, als hätten beide soeben einen Vertrag miteinander abgeschlossen, und ging festen Schrittes zur Tür. Der kleine Junge hatte völlig überraschend seine Mutter wieder gefunden. „Ich muß noch mal weg. Das Geld. Ich muß das Geld holen, Bob. Ich Vollidiot, ich beschissenes Arschloch.“ Er drehte sich noch einmal um. „Du halt’s Maul, Bob. Wir sind jetzt Partner, klar? Eine Million, Bob. Wir hau‘n einfach ab, klar? Mexico, Bob. Ich hol uns das verdammte Geld. Halt einfach nur das Maul. Du wartest hier. Wenn du die Klappe aufmachst, frisst du deine Eier.“ Bob starrte ihn an und war sich nicht sicher, ob das für den Rest seines Lebens gelten sollte. Maul halten. Er fragte trotzdem, Scheiss was auf seine Angst vor Mody, der brauchte ihn, Big Boss brauchte den kleinen Ben Conan. „Wer hat das mit den Jungs gemacht? Warum, verdammt? Machen die das auch mit uns? Mody?“ Mody zögerte kurz. Sein Kopf war ungesund rot. „Jesus“. Seine Stimme war gefährlich leise. „Du willst das nicht wissen. Nicht wirklich, Bob.“ Er winkte hektisch ab. Conan versperrte ihm den Weg. Mody brauchte ihn. Er hatte das Recht, zu fragen. „Nur eins, Mody, wer war das? Wer macht sowas? Mody?“ John schob ihn zur Seite, griff nach der Türklinke, sah ihn an, leckte sich über die Oberlippe. Da war etwas Blut. Er hatte sich selbst gebissen. Gar nicht gemerkt. Er sah auf seine Uhr, sah wieder Bob an. Kalter Blick. Bob zuckte unwillkürlich zusammen. Fehlanzeige. Mody tat ihm nichts. Er musterte ihn nur. Dann: „Du hängst drin, Bob, da kommst du nicht wieder raus, du hängst jetzt mit drin, Kleiner. Ich schätze mal, wir müssen uns schleunigst verpissen. Da waren diese Geschwister, diese Frau und ihr durchgeknallter Bruder. Von denen hatten wir den Tip. Eine Million Bob, da geht dir einer ab, was? Aber teilen Bob, teilen mit irgendwelchen häßlichen Pennern, da kennst du Big Boss schlecht. Marty und Armstrong haben die beiden gestern nacht erledigt. Ich war dabei, Bob, die sind alle, so tot wie die kannst du nicht mehr werden, aber da muß jemand Wind von bekommen haben, und ich schwör’s dir, Bob, mit dem will ich mein Bett in der Hölle nicht teilen. Wer auch immer das ist. Oder was. Das ist kein Mensch, Bob. Also warte nicht auf das Halleluja, Kleiner. Rühr dich hier nicht weg. Ich muß los. Ich hol uns die beschissene Kohle, ich hab sie, die Million. Bob, Junge, ich pack das nicht allein, Bob, das kapierst du, Alter, aber wenn du Mist baust, nagel ich dich ans Kreuz.“
Die Tür fiel ins Schloss. Er war weg. Bob Conan kratzte sich im Nacken und dachte, natürlich, Armstrong, so hieß der fette Sack also. Dann dachte er an die halbvolle Flasche auf seinem Küchentisch und daran, dass es für ihn vorläufig angebracht war, an gar nichts mehr zu denken, bis Big Boss John Cody wieder kommen würde. Er würde nicht an Marty und den Dicken und deren Augen und Schwänze und an irgendwelche Bisse denken und auch nicht an die Million, die John holen wollte. Big Boss John Cody. Sein Partner. Bruder. Bob lachte kurz auf, aber lieber hätte er seinen Schädel gegen die Wand gehauen, um einen anderen Schmerz zu spüren als den, der ihn frieren ließ. Die Kälte war lausig. Eisig. Er hätte sich gern in eine warme Decke gehüllt, eine schöne warme gute Decke, die man sich einfach über den Kopf ziehen kann, wenn man etwas ganz und gar nicht sehen will. Er war in einem fremden Land. Dann erinnerte er sich wieder. Er wollte trinken. Rauchen. Johns Feuerzeug. Zuerst eine anstecken. Dann die Küche. Me and you and bubblebear, bubblewho, bubbletwo... Bob stand immer noch im Flur vor dem Garderobenspiegel und zog an der Zigarette, als würde sie ihm tatsächlich schmecken. Als er sie fast aufgeraucht hatte, fiel ihm die Flasche ein. Etwas trinken. Jetzt. John Cody würde auch was trinken wollen. Später. Gleich. Nachher. Egal. Er ging in die Küche, griff nach der Flasche, die leerer war, als er sie in Erinnerung hatte, zuckte mit den Schultern, setzte sie sich für einen schnellen tiefen ersten Schluck an den Hals und spürte, noch bevor der Schluck sein Gehirn erreichen konnte, dass er nicht mehr allein war. Er drehte sich um. Die Frau, die dort im Türrahmen seiner Küche stand und ihn anlächelte, war schön. Sie war eine der Frauen, für die er sich ansonsten vergeblich die Nase an Schaufensterscheiben platt drückte. Kein Einlass für Bob Conan. Für Hunde verboten. Sie war so schön, dass er für einen kurzen irrsinnigen Moment ans Ficken dachte. Sein Schwanz spielte bei diesem Intermezzo nicht mit. Er hatte Angst. Er war stumm. Er war tot. Laureen Wilms nahm ihre schwarze Sonnenbrille ab und zeigte Bob Conan ihre Augen. Sie hatte keine. Sie hatte schwarze, rot umrandete Löcher in ihrem schönen Gesicht. Sie gefiel Bob nicht mehr, ganz und gar nicht, da war nichts mehr, keine Prachttitten, keine Haare, keine Beine, keine Lippen, nur Löcher. Bob schrie kurz auf, er glaubte, zu schreien, aber er hörte sich nicht. Er hörte sie. „Harold, gefallen dir Johns Augen? Gefallen sie mir? Dann reiss sie ihm raus.“ Harold Wilms tauchte wie aus dem Nichts hinter Laureens Rücken auf. Er war gut zwei Köpfe größer als seine Schwester, ein sehr langer, auffällig dünner Mann mit krummer spitzer Nase und einem breiten grauen Mund. Harold nickte. Sie lachte. „Sag nichts, Harold, ich weiß, dass sie dir gefallen. Reiss sie ihm raus. Gib sie ihm, John. Oder willst du, dass er sie dir raus beisst, John. John?“ „Was? Wie? Ich bin nicht John.“ Bob war zurück gewichen und hielt seine Arme weit von sich gestreckt. Mit der rechten Hand umklammerte er immer noch den Flaschenhals. Er wunderte sich über seine Kraft. „Was soll der Scheiss, verdammt? Ich bin nicht John. Ich bin nicht John. Ich bin Bob. Bob. Bob Conan. Ich bin...“ „Ruh dich aus, John. Setz dich, John. Du darfst noch einmal rauchen. Harold?“ Laureens Bruder ließ ein Feuerzeug aufschnappen und grinste. Johns Feuerzeug. Me and you and bubblebear, bubblewho, bubbletwo... „Hübsches Lied, John. Du hast es gespielt, als deine Freunde uns unseren Anteil gegen haben. Weißt Du noch, John? Ihr wart nicht sehr nett zu uns, John. Wir sind sehr böse auf euch. Gib mir eins seiner Augen, Harold. Wir haben Zeit.“ Es ging schnell. Die Flasche fiel zu Boden, als der lange dünne Harold mit einem Satz nach vorn sprang, ihn an der Gurgel packte und das Auge mit einer einzigen routinierten Handbewegung aus seiner Höhle nahm. Er nahm es sich einfach. Der Schmerz war erstaunlicherweise nicht das Schlimmste. Viel schlimmer war für Conan, dass Laureen Wilms sich seinen Augapfel, den er sich immer viel kleiner vorgestellt hatte, in den Mund steckte und zerkaute. Dann schluckte sie ihn und lachte wieder. „Gut.“ Bob weinte mit beiden Augen, das tote hatte rote Tränen. Er tastete nach dem Geschirrtuch, hielt es vor sein Gesicht, wimmerte. „Ich bin nicht John. Bitte. Bitte. Ich bin Bob Conan.“ Sie schnippte mit den Fingern und seufzte. „Johnjohnjohn. Immer das Gleiche. Obgleich...“ Sie kicherte. „Dieser Harry war’s tatsächlich nicht. Tragischtragisch. War nur das gleiche Feuerzeug. Armer Harry, so ein Pech. Was hat dieser Idiot sich auch mit deinem Feuerzeug an diesem scheußlichenscheußlichen Ort herum zu treiben, an dem ihr uns beerdigt habt? Man kann uns aber nicht beerdigen, John. Auch nicht, wenn man uns in feine kleine Stücke schneidet. Das wusstest du nicht, stimmt’s, John? Läßt einfach eine arme blinde Frau und ihren kleinen Bruder töten, weil du alles für dich behalten willst. Ungezogen, John. Man kann uns aber nicht töten, John. Tragischtragisch, dass Harry das gleiche hübsche Feuerzeug hatte. Ich bin blind, John. Ich kann nur hören. Ich habe dein Feuerzeug gehört, John. Deshalb sind wir hier. Und ich kann riechen. Ich rieche dein Rasierwasser, John. Ein gutes Wasser.“
Bob Conan schüttelte weinend den Kopf. Er schlug die Hände vors Gesicht, seine Knie zitterten, fast wünschte er sich, dass die Beine ihm wegsacken würden, um dort unten am Boden einschlafen zu dürfen. Einige kamen im Traum besser davon. Der Gedanke tröstete ihn. Er heulte. Schluchzte. Stammelte. „...nicht mein...mein Rasierwasser. John. Johns. War vorhin hier. Bitte. Sie müssen ihn doch kennen. Harold. Harold weiß doch, wie er aussieht. Harold ist nicht blind. Harold, bitte, sagen Sie ihr doch, dass ich nicht John bin. Bitte. Harold. Ich hab nichts damit zu tun. Glaubt mir doch.“ Harolds Gesicht blieb eine Maske. Unbewegt. Laureen schnippte wieder mit den Fingern. Bob zuckte zusammen, schrie auf. „Bitte nicht. Nicht das Auge. Bitte. Ich bin nicht John.“ Sie winkte ab. „Später, John. Ich will eine Zigarette. Harold. Und Feuer.“ Sie setzte sich die Sonnenbrille auf. „Sieht netter aus, nicht wahr, John? Du weißt doch, John, dass der gute Harold nicht spricht. Er spricht nie, John. Er denkt auch nicht. Er ist ein braver kleiner Bruder.“
Es klingelte. Conan erstarrte. Blickte zu ihnen, zur Tür, wieder zu ihnen, wischte sich mit dem Handrücken den Rotz von den Lippen, der ihm aus der Nase gelaufen war. „Es klingelt. Da ist jemand. Ich...“ Sie rührten sich nicht. Er wartete. „Es klingelt.“ Bob Conan weinte. Lachte. Weinte. Lachte lauter. „Das muss John sein. Das Geld. Das Feuerzeug. Sein Feuerzeug. Er will sein Feuerzeug. John. Es ist sein Feuerzeug.“ Laureen steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen, lächelte, nickte. „Vielleicht.“ Me and you and bubblebear, bubblewho, bubbletwo.. Bob fiel Penny Miller ein. Mitternachtskuchen. Er öffnete die Tür.